Bestätigung für neurale Effizienz

Wie genau sich Intelligenzunterschiede im menschlichen Gehirn zeigen, ist eine der grossen Fragen der Intelligenzforschung. Wissenschaftlern der ETH Z¨¹rich gelang es, weitere Details zu vermuteten Funktionsunterschieden im Gehirn intelligenter Personen zu untersuchen.

Vergr?sserte Ansicht: EEG
Ein Proband l?st eine Gesichtserkennungsaufgabe w?hrend die elektrische Aktivit?t seines Gehirns mittels EEG gemessen wird. (Bild: Fabio Bergamin / ETH Z¨¹rich)

Das Gehirn intelligenterer Menschen ist in der Lage, Aufgaben effizienter zu l?sen. Darum sind diese Personen kognitiv leistungsf?higer als andere. Oder mit den Worten von Elsbeth Stern, Professorin f¨¹r empirische Lehr- und Lernforschung an der ETH Z¨¹rich, ausgedr¨¹ckt: ?Sind eine intelligentere und eine weniger intelligente Person gleichermassen mit einer Aufgabe vertraut, muss die intelligentere Person ihr Gehirn weniger stark aktivieren, um die Aufgabe zu l?sen.? In der Wissenschaft wird dies als Hypothese der neuralen Effizienz bezeichnet, wobei es l?ngst keine Hypothese mehr ist, sondern eine unter Experten unbestrittene Tatsache, die mit ausreichend Daten unterlegt ist.

Daniela Nussbaumer konnte im Rahmen ihrer Doktorarbeit in der Arbeitsgruppe von Stern diesen Effekt nun auch bei Aufgaben nachweisen, welche das sogenannte Arbeitsged?chtnis betreffen, sowie erstmals innerhalb einer ¨¹berdurchschnittlich intelligenten Personengruppe. ?Wir massen die elektrische Aktivit?t des Gehirns von Hochschulstudierenden und konnten dabei Hirnaktivit?tsunterschiede feststellen zwischen leicht ¨¹berdurchschnittlich und stark ¨¹berdurchschnittlich intelligenten Personen?, so Nussbaumer. Bisherige Studien nutzten in der Regel Personengruppen mit sehr viel gr?sseren Intelligenzunterschieden, um den Effekt der neuralen Effizienz aufzuzeigen.

Erinnerung an Gesichter getestet

Als Arbeitsged?chtnis bezeichnen Psychologen die F?higkeit eines Menschen, Erinnerungen mit neuen Informationen zu verkn¨¹pfen sowie sich an wechselnde Ziele anzupassen und unwichtig gewordene Informationen auszublenden. An den entsprechenden Prozessen ist das Frontalhirn in hohem Masse beteiligt. Die ETH-Forschenden liessen ¨¹ber 80 freiwillige Studierende vor dem Bildschirm unterschiedlich komplexe Aufgaben l?sen, in welchen diese F?higkeiten gefordert sind.

Es ging dabei beispielsweise darum, f¨¹r einzelne Buchstaben oder Gesichter zu entscheiden, ob sie Teil einer unmittelbar vorher pr?sentierten Auswahl von Buchstaben oder Gesichtern waren oder nicht. Als besondere Schwierigkeit waren die Buchstaben und Gesichter den Probanden bereits aus fr¨¹heren Durchg?ngen bekannt und mussten die Aufgaben unter Zeitdruck  bearbeitet werden. W?hrend die Studierenden die Tests absolvierten, massen die Wissenschaftler ihre Hirnaktivit?t mittels Elektroenzephalografie (EEG). F¨¹r die Auswertung der Ergebnisse teilten die Forschenden die Probanden in zwei Gruppen ein: in eine mit leicht ¨¹berdurchschnittlicher und eine mit stark ¨¹berdurchschnittlicher Intelligenz. Dazu wurden alle Probanden einem klassischen IQ-Test unterzogen.

Neurale Effizienz bei mittelschweren Aufgaben

Die Ergebnisse: W?hrend sich bei sehr leichten und sehr schwierigen Aufgaben keine Hirnaktivit?tsunterschiede zwischen den beiden Probandengruppen zeigten, konnten die Forschenden bei mittelschweren Aufgaben deutliche Unterschiede messen. Stern erkl?rt sich das so: Die leichten Aufgaben waren f¨¹r alle Teilnehmenden ein Kinderspiel, und bei den sehr schwierigen Aufgaben, waren auch die sehr intelligenten Teilnehmenden kognitiv gefordert. Die mittelschweren Aufgaben hingegen wurden zwar von allen Probanden gleich gut gel?st, die sehr intelligenten Teilnehmenden mussten daf¨¹r aber weniger Ressourcen einsetzen.

Zur Veranschaulichung benutzt Stern das Bild eines effizienteren und eines weniger effizienten Autos: ?Fahren beide Autos langsam, ist auch bei dem wenig effizienten der Benzinverbrauch gering.  F?hrt das effiziente Auto mit Maximalgeschwindigkeit, hat auch dieses einen hohen Verbrauch. Bei einer mittleren Geschwindigkeit hingegen kommen die Unterschiede im Verbrauch deutlich zum Tragen.?

Intelligenz l?sst sich nicht trainieren

W?re es denn m?glich, mit EEG-Messungen direkte R¨¹ckschl¨¹sse auf die Intelligenz zu ziehen? Stern relativiert: ?Wenn ich etwas ¨¹ber die Intelligenz herausfinden m?chte, muss ich einen klassischen Intelligenztest machen, ein solcher liefert immer noch die zuverl?ssigsten Ergebnisse?, sagt sie. EEG und andere Hirnmessungen seien nicht ausreichend pr?zis, um damit bei einzelnen Personen Diagnosen bez¨¹glich der Intelligenz zu stellen. Nichtsdestotrotz sei es interessant, diese Methoden in der Grundlagenforschung zu verwenden, um zu untersuchen, auf welche Weise sich Intelligenzunterschiede im Gehirn abbildeten.

Die Untersuchung der ETH-Intelligenzforschenden gibt ausserdem Hinweise darauf, dass sich das Arbeitsged?chtnis nicht trainieren l?sst. Wegen widerspr¨¹chlichen Studienergebnissen war diese Frage unter Wissenschaftlern in den vergangenen Jahren umstritten. Trainieren Probanden ¨¹ber l?ngere Zeit eine Testaufgabe, werden sie mit der Zeit geschickter. Wie Stern und ihre Kollegen nun in ihrer Studie zeigten, haben trainierte Personen gegen¨¹ber untrainierten jedoch keine Vorteile, wenn man ihnen eine andere, unbekannte, aber ?hnliche Aufgabe pr?sentiert.

Literaturhinweis

Nussbaumer D, Grabner RH, Stern E: Neural efficiency in working memory tasks: The impact of task demand. Intelligence 2015. 50: 196-208, doi: externe Seite10.1016/j.intell.2015.04.004

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